Knapp ein Fünftel der Schüler*innen in Deutschland erlebt sich als psychisch belastet. Diese Zahl stammt aus dem neuesten "Schulbarometer" der Robert Bosch Stiftung. In Herzogsägmühle trafen sich kürzlich 150 Fachkräfte aus Schule, Jugendhilfe, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kliniken, Beratungsdiensten und Behörden, um darüber zu diskutieren, wie Schulen als Frühwarnsystem für psychische Erkrankungen fungieren können und wie betroffene Kinder und Jugendliche unterstützt werden können. Eingeladen hatte der Arbeitskreis psychische Gesundheit Kinder / Jugendliche, der zum Steuerungsverbund Psychische Gesundheit im Landkreis Weilheim-Schongau.
Die Idee zu dem Netzwerktreffen sei bereits während der Corona-Pandemie entstanden, wie Wolfgang Schuppert berichtet. Er ist Leiter des Geschäftsbereich Sozialpsychiatrie, Sucht und Gesundheit der Diakonie Herzogsägmühle und hat die Tagung federführend organisiert.
"Nach der Öffnung der Schulen ist uns bereits eine steigende Zahl psychischer Belastungen bei den Kindern und Jugendlichen aufgefallen", so Schuppert. Ziel des Fachtags sei es nun gewesen, herauszufinden, wie das bestehende Unterstützungsnetzwerk zur Stabilisierung von Kindern und Jugendlichen noch besser zusammenwirken kann und welche Best-Practice-Angebote es in der Region bereits gibt.
In der Podiumsdiskussion zum Auftakt waren sich die Teilnehmenden einig, dass es entscheidend ist, ungünstige Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Wichtig sei auch, Eltern und Lehrkräfte zu stärken, Veränderungen wahrzunehmen und anzusprechen. Auch die Mitschüler*innen sollen ermutigt werden, auf die Betroffenen zuzugehen. Diese Einschätzungen teilte auch Dr. med. Jakob Nützel, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie, in seinem Vortrag.
Wie wichtig es ist, den Unterricht so zu gestalten, dass er die psychische und soziale Stabilität der Schüler*innen fördert, unterstrich die ehemalige Leiterin der Wichernschule, Dr. Edith Wölfl, in ihrer Keynote. Sie empfahl auf die Potenziale der belasteten Schüler*innen zu schauen und Abläufe und Regeln an deren besonderen Bedarfe anzupassen.
In einem Speed-Dating-Format stellten sich abschließend die verschiedenen Best-Practice-Angebote in der Region vor. Innerhalb von jeweils 30 Minuten konnten sich die Teilnehmenden vernetzen.
"Was ich kenne, kann ich auch nutzen", so eine Teilnehmerin, die von den praxisnahen Angeboten beeindruckt war. Doch das Format zeigte auch, dass der Bedarf nach unterstützenden Angeboten für Schüler*innen momentan noch größer ist als das vielfältige Angebot, das es bereits gibt.
Ein zentrales Ergebnis der Tagung: Es braucht mehr interdisziplinäre Fallkonferenzen. "Wir müssen Unterstützung über die Grenzen von Trägern, Einrichtungen und dem Sozialrecht hinausdenken", fasste Schuppert die Forderungen zusammen.